Offener Brief zur Podiumsdiskussion am 11. Februar 2025 mit der AfD
Sehr geehrte Schulleitung des Hans-und-Hilde-Coppi-Gymnasiums,
mit großer Bestürzung haben wir als zivilgesellschaftlicher Beirat für die Angelegenheiten der Rom*nja und Sin*zze von Berlin von Ihrer Entscheidung erfahren, die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch zu einer Podiumsdiskussion an Ihrer Schule einzuladen. Diese Entscheidung ist aus unserer Sicht unvereinbar mit dem Bildungsauftrag einer demokratischen Schule und insbesondere mit der historischen Verantwortung, die sich aus dem Namen Ihrer Schule ergibt.
Hans und Hilde Coppi haben ihr Leben riskiert, um sich gegen den Faschismus zu stellen. Ihr Widerstand gegen das NS-Regime war ein mutiger Kampf gegen ein menschenverachtendes System, das Millionen Menschen verfolgte und ermordete – darunter auch Hunderttausende Sin*zze und Rom*nja. Die AfD steht für eine Politik, die in direktem Widerspruch zu diesem Erbe steht. Sie relativiert die Verbrechen des Nationalsozialismus, stellt die Erinnerungskultur infrage und verbreitet offen rassistische Narrative, die auch Rom*nja und Sin*zze betreffen. Die AfD setzt sich systematisch für die Diskriminierung von Sin*zze und Rom*nja ein. Ihre Politiker*innen fordern immer wieder Sondergesetze gegen unsere Community, verteilen Gewaltfantasien und verbreiten rassistische Mythen. Erst im vergangenen Jahr forderte ein AfD-Politiker in Sachsen, Romani Kinder in separaten Schulen unterzubringen – ein Vorschlag, der an die dunkelsten Kapitel europäischer Geschichte erinnert. Ein führender Funktionär der Partei sprach sich offen gegen die Anerkennung des Völkermords an Sin*zze und Rom*nja aus. Diese Partei auf ein Podium einzuladen, bedeutet, ihre Positionen als legitimen Teil des demokratischen Diskurses darzustellen. Doch Rassismus ist keine Meinung, sondern eine Menschenrechtsverletzung.
Der demokratische Wert der Meinungsfreiheit wird missbraucht von einer Partei, welche aktiv den Demokratieabbau betreibt. Das hat auch nichts zu tun, mit einer Pluralität von Haltungen, die es gilt auszuhalten. Die faschistische Gefahr, die in letzter Konsequenz ein Angriff ist auf das Leben von allen ihren Familien of Color, von LGBTQI*, von Antifaschist*innen ist auch das Ende der Toleranz in einer Demokratie. Schulen sollten nicht nur Orte der Wissensvermittlung, sondern auch Schutzräume für junge Menschen sein. Gerade für Schüler*innen mit Diskriminierungserfahrungen muss sichergestellt werden, dass sie nicht mit der Anwesenheit von Politikerinnen konfrontiert werden, die ihre Existenz infrage stellen. Das Kinderrecht auf den Zugang zu Bildung, schließt mit ein, dass Bildung diskriminierungskritisch sein muss. Das kann mit dieser Besetzung nicht gewährleistet werden.
Wir fordern Sie daher mit Nachdruck auf, die Einladung an Beatrix von Storch zurückzunehmen. Ihre Schule hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, im Rahmen des Hausrechts eine klare Grenze gegenüber Feinden der Demokratie und Menschenwürde zu ziehen. Ein Verzicht auf die AfD in einer schulischen Podiumsdiskussion ist kein Angriff auf die Meinungsfreiheit – es ist ein Schutz derjenigen, die von ihrer Politik bedroht werden.
Wir möchten an dieser Stelle auch nochmal unseren Respekt bekunden für die Aktiven in der Gruppe ‚Coppi gegen Rechts‘.
Mit freundlichen Grüßen,
Der zivilgesellschaftliche Beirat für die Angelegenheiten der Rom*nja und Sinti*zze von Berlin